Lexikoneintrag: Amazon Prime Video

Dieser Lexikonbeitrag zum Streaming-Anbieter Amazon Prime Video wurde im November 2019 von Marco Pieper für das Lexikon „Das Mediensystem im Umbruch“ geschrieben. Das Lexikon wurde von Prof. Dr. Wolfgang H. Swoboda, Professor für Medienwissenschaften und Journalistik, an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg konzipiert.

Das Logo von Amazon Prime Video


Kurzprofil von Amazon Prime Video

Amazon wurde 1994 ursprünglich als Online-Buchhandlung in den USA gegründet, diversifizierte aber schon sehr bald das Sortiment, um den Anspruch des Gründers Jeff Bezos, alles verkaufen, gerecht zu werden. Die Erfüllung dieses Anspruches machte Amazon zu dem weltweit größten Onlineversandhändler der Welt (vgl. Mangalindan 2018).

2006 erweiterte das Unternehmen seine ausufernde Produktpalette mit dem Geschäftsfeld Streaming. 13 Jahre später nutzen mehr als 100 Millionen Abonnementen in fast allen Ländern der Welt den Amazon Prime Streamingdienst (vgl. Tech Crunch 2006) (vgl. Deutsche Presse Agentur 2018) (vgl. Mishra/Sharma 2017).       


Unternehmensgeschichte von Amazon Prime Video

Jeff Bezos 2005 auf einem Vortrag.
Jeff Bezos 2005 auf der 2005 O’Reilly Emerging Technology Konferenz in San Diego.


Die Geschichte des Unternehmens beginnt mit Jeff Bezos (geboren am 12 Januar 1964). Bezos, seines Zeichens Bachelor Absolvent des Elektroingenieur- und Computerwissenschaft-Studiums, hatte schon vor der Gründung von Amazon eine erfolgreiche Karriere vorzuweisen – und zwar im Finanzwesen bei der Wallstreet Firma D. E. Shaw & Co.. Nachdem er sich dort zum Vizepräsidenten hochgearbeitet hatte, beschloss er 1994 das Unternehmen zu verlassen, um sein eigenes zu gründen. Angespornt durch die Prognosen des vom Internet angefachten weltweiten Wirtschaftswachstums, entschied er sich eine Internetfirma zu betreiben. Nach einer eingehenden Recherche, entschloss er sich aufgrund der weltweiten Nachfrage, der relativ niedrigen Stückkosten und der großen Anzahl an verschiedenen Titeln, für den Online- Buchhandel. Ein Jahr später lief der Betrieb von Amazon offiziell an und verbuchte dank internationaler Ausrichtung nach schon zwei Monaten Spitzenwerte von bis zu 20.000 US-Dollar Umsatz pro Woche (vgl. Spiro/Greenberg 2009).

1997, nur zwei Jahre nach Gründung, ging Amazon an die Börse. Im Zuge dessen wurde nach und nach das Sortiment erweitert, bis schließlich im Jahre 2006 Amazon Unbox aus der Taufe gehoben wurde. Diese Plattform ermöglichte einzelne Fernsehepisoden, wie auch Film online zu kaufen oder zu mieten (vgl. Tech Crunch 2006).

Amazon Unbox ermöglichte erstmal den Online Kauf von Filmen und Serien.
Amazon Unbox Website von 2006.


Zwei Jahre später stattete man den in Amazon Video on Demand umgetauften Dienst mit Streaming-Funktionen aus. 2011 folgte die Umbenennung in Amazon Instant Video, wie auch die Einführung eines zentralen Features. So wurde Amazon Prime-Abonnenten, (eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für E-Commerce-Kunden) der Zugang zu ca. 5000 Filmen und Fernsehsendungen gewährt. Dieser erhebliche Zuwachs an Streaming-Inhalten entstand in erster Linie durch digitale Lizenzverträge mit dem amerikanischen Fernsehsender CBS (vgl. Wayne 2017, S. 731).

2014 ermöglichte Amazon das Zugreifen auf die eigenständige Streaming-App HBOGo durch die hauseigene Fire-TV- Plattform (vgl. Wayne 2017, S. 732). Dieser Ansatz wurde 2015 mit dem Streaming Partners Programm (später in Amazon Channels umbenannt) weiterverfolgt. Diese Initiative ermöglichte es Prime-Mitgliedern gegen zusätzliche Gebühren, auf Abonnementprogramme von 30 Fernsehsendern zuzugreifen. Ein Jahr später führte Amazon das vom Prime Shopping Programm unabhängige Portal „Prime Video“ ein (vgl. Wayne 2017, S. 732).

2017 erweiterte Amazon seinen Streamingdienst, um eine weitere Komponente: Die Liveausstrahlungen von Sportinhalten (Hutchins, Brett/Li/Rowe 2019, S. 987).

Das User Interface von Amazon Prime Video.
Die Eigenproduktionen werden in der Amazon Prime Video App stark beworben.


Neben der Ausstrahlung von Fremden-Inhalten produziert Amazon seit 2008 eigene Inhalte für dessen Streaming-Plattform. Nachdem 2008 in Zusammenarbeit mit 20th Century Fox der erste von Amazon mitproduzierte Film „The Stolen Child“ veröffentlichte wurden, wurden 2010 die Amazon Studios (später in Prime Movies umbenannt) ins Leben gerufen, die seitdem eigene Filme und Serien für des Streaming-Plattform produzieren (Graser, 2008) (vgl. Coming Soon 2010).


Geschäftszahlen von Amazon Prime Video

Im Gegensatz zu Netflix lässt sich Amazon nur sehr ungern in die Karten schauen, wenn es um den eigenen Streamingdienst geht. Zwar liegt eine Vielzahl an Geschäftsberichten mit Bilanzen bezüglich Amazon Prime vor, doch sind diese nicht nach den Segmenten Streaming (Amazon Prime Video) und Versand (Amazon Prime Shipping) aufgeschlüsselt. Trotz dieser Ungenauigkeiten sollen die wichtigsten Geschäftszahlen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

2018 machte Amazon einen Gewinn von rund 10 Milliarde US-Dollar (rund 9 Milliarden Euro). Dies stellt im Vergleich zu Vorjahr eine Verdreifachung dar. Das lag zum Teil an der 34 prozentigen Umsatzsteigerung der Abonnement-Dienste, welche sich 2018 auf rund 5 Milliarden US-Dollar (rund 4,5 Milliarden Euro) beliefen. Welchen genauen Anteil daran Amazon Prime Video hatte, ist nicht nachzuvollziehen (vgl. Frankenfiled 2019).

Die letzten konkreten Zahlen, was die Mitgliedsanzahl von Amazon Prime anbelangt, sind von 2017 und preisen mehr als 100 Millionen Prime-Abonnenten an. Doch ist auch hier nicht zu ermitteln, wie viele davon die Versandvorteile und wie viele die Angebote der Streaming Plattform wahrnehmen (vgl. Amazon 2017).         


Angebot und Preismodell von Amazon Prime Video

Genau wie bei Netflix kann man Amazon Prime Video praktisch auf jedem Internetfähigen Gerät per Applikation oder Browser empfangen (vgl. Amazon 2019). 

Momentan ist der Dienst, mit Ausnahme von China, Syrien, Iran, and Nord-Korea, von überall aus erreichbar (vgl. Mishra/Sharma 2017).


Genau wie bei Netflix kann man aus drei verschiedenen Preismodellen auswählen:

  1. „Prime Video“, ein Monatsabo, welches ausschließlich das Stream von digitalisierten Filmen und Serien beinhaltet. Es kostet 7,99 € pro Monat.
  2. „Prime“ beinhaltet neben den Film- und Serien-Streaming auch noch Musikstreaming, wie auch Cloud-Speicherplatz für Fotos, wie auch Versandvorteile. Das Abo kostet 8,99 pro Monat.
  3. „Prime“ im Jahresabo zu etwas günstigeren Preis.

Bei allen drei Preismodellen werden dieselben Auflösungen unterstützt. (vgl. Trusted 2019) (vgl. Moody 2018).

Zusätzlich zu dem herkömmlichen Streaming Angebot von Filmen und Serien bietet Amazon auch noch Live-Übertragung von Sportereignissen, wie beispielsweise der Football League (NFL) an (vgl. Wallstreet Online 2019).

In India ist  Amazon Prime Video mit Abstand billigsten - laut Comparitech.
Preisvergleich des Monats-Abo von Amazon Prime Video (Stand 2018).


Das konkrete Angebot der Streaming-Inhalte unterscheidet sich von Region zu Region. So zählt Deutschland zum Beispiel eine 2992 Titel große Bibliothek, während in den US mit 18246 Titeln eine sechsmal so große Bibliothek vorliegt. Diese immense Diskrepanz schlägt sich nur bedingt in den unterschiedlichen monatlichen Kosten nieder. So bezahlt man in den USA für das Monatsabonnements 12,99 US-Dollar (rund 12 Euro), während man in Deutschland dafür 7,99 Euro zahlt (vgl. Moody 2018).


Kritik an Amazon Prime Video

Amazons Hauptstandort.
Amazon Headquarters in Seattle, Washington.


Zwar sieht sich Amazon immer wieder massiver Kritik ausgesetzt, doch zielt diese praktisch nur auf den Online-Versandhandel ab. Das Streaming-Portal selbst sorgte hingegen nur für wenige Proteste. Am lautesten wurde es wohl im Jahre 2015, als Amazon entschied, Produkte, auf denen die Konkurrenzdienste Chromecast und Apple-TV liefen, kurzerhand aus dem Sortiment zu nehmen (Vgl. Streitfeld/Benner 2015).

Diese Sperre blieb bis zur Einigung der konkurrierenden Unternehmen im Jahr 2019 erhalten (Vgl. Spangler 2019).

Zusätzlich wird, genauso wie bei Netflix, der intransparente Umgang mit konkreten Zuschauerzahlen pro Streaming-Inhalt bemängelt, wobei dies extremer als bei Netflix ausfällt, da noch weniger harte Zahlen veröffentlich werden (Vgl. Johnson 2019).


Literaturliste

Boyle, Raymond (2019). The television industry in the multiplatform environment. New York: Sage Publications. Media, Culture & Society, 41(7), 919–922. ISSN 0163-4437.

Keating, Gina (2013). Netflixed: the epic battle for America’s eyeballs, New York: Portfolio/Penguin. ISBN 9781101601433. Wayne, Michael L. (2018).

Netflix, Amazon, and branded television content in subscription video on-demand portals. New York: Sage Publications. Media, Culture & Society, 40(5), 725–741. 0163-4437.

Onlinequellen

Amazon (2019). Setting Up Prime Video – Get Prime. Amazon. Online: https://www.amazon.com/gp/help/customer/display.html?nodeId=201422820 [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Amazon (2017). 2017 Letter to Shareholder. The Amazon Blog dayone. Online: https://ir.aboutamazon.com/static-files/1bfd8929-81a0-46d7-a378-6aff9a203093 [Zuletzt abgerufen am 20.11.2019].

Coming Soon (2010). Amazon.com launches Amazon Studios. Coming Soon. Online: https://www.comingsoon.net/movies/news/71719-amazon-com-launches-amazon-studios [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Frankenfiled, Jake. (2019). How Amazon Makes Money: Cloud Services Takes Off. Investopedia. Online: https://www.investopedia.com/how-amazon-makes-money-4587523 [Zuletzt abgerufen am 20.11.2019].

Graser, Marc (2008). Amazon nursing ‘Stolen Child’ – Website’s first film doesn’t appear to be the last. Variety. Online: https://variety.com/2008/digital/features/amazon-nursing-stolen-child-1117981288/ [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Insider, Lauren Johnson, Business (2019). „We know what the numbers are“: Amazon Studios chief says that it won’t follow Netflix in sharing viewership data. Business Insider Deutschland. Online: https://www.businessinsider.de/amazon-studios-chief-says-that-it-wont-report-viewership-data-2019-7 [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Mangalindan, JP (2018). DAZN Spain To Launch With Live MotoGP And Premier League. Forbes. Online: https://finance.yahoo.com/news/jeff-bezos-got-idea-sell-everything-amazon-134358788.html [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Moody, Rebecca (2018). Which countries pay the most and least for Amazon Prime Video?. Comparitech. Online: https://www.comparitech.com/blog/vpn-privacy/amazon-prime-video-cost/ [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Rainer, Anton (2019). Streaming Wars: Liebe Leserin, lieber Leser,. Spiegel Online. Online: https://www.spiegel.de/netzwelt/web/apple-tv-macht-netflix-und-amazon-konkurrenz-a-1293761.html [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Roettgers, Janko (2014). TV execs want Netflix to be more like Hulu and Amazon. Gigaom. Online: https://gigaom.com/2014/05/01/tv-execs-want-netflix-to-be-more-like-hulu-and-amazon/ [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Spangler, Todd (2018). Netflix Has Deleted All User Reviews From Its Website. Variety. Online: https://variety.com/2018/digital/news/netflix-deletes-all-user-reviews-1202908904/ [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Spangler, Todd (2019). YouTube Is Back on Amazon Fire TV, Prime Video Finally Comes to Chromecast. Variety. Online: https://variety.com/2019/digital/news/youtube-amazon-fire-tv-prime-video-chromecast-android-tv-1203262063/

Tech Crunch (2006). Amazon Unbox goes live. TechCrunch. Online: http://social.techcrunch.com/2006/09/07/amazon-unbox-goes-live/ [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

The Verge (2019). Streaming Wars. The Verge. Online: https://www.theverge.com/streaming-wars [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Trusted (2019). Amazon Prime Video Kosten - Akuelle Tarife & Preise 2019 im Vergleich. Trusted. Online: https://trusted.de/amazon-prime-video-kosten [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

Wallstreet Online (2019). Amazon Prime Video bringt neue Funktionen für Thursday Night Football heraus – NFL-Fans auf der ganzen Welt können so ihr Streaming-Erlebnis individuell anpassen. Wallstreet Online. Online: https://www.wallstreet-online.de/nachricht/11773557-amazon-prime-video-bringt-funktionen-thursday-night-football-nfl-fans-welt-streaming-erlebnis-individuell-anpassen/all [Zuletzt abgerufen am 19.11.2019].

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